Im Arbeitsalltag vieler Agenturen und Unternehmen ist Künstliche Intelligenz längst angekommen. Ob beim Schreiben von Produkttexten, bei der Gestaltung eines Logos oder in der Ideenfindung für Kampagnen – Tools wie ChatGPT, Midjourney oder DALL·E werden heute ganz selbstverständlich eingesetzt. Sie versprechen Effizienz, Inspiration und Tempo. Doch mit all den Möglichkeiten wächst auch die Unsicherheit: Was darf ich eigentlich – und was nicht? Gehört mir der Text, den eine KI erstellt hat? Darf ich ein KI-generiertes Bild einfach drucken oder veröffentlichen? Und wer haftet, wenn das Ergebnis versehentlich gegen Rechte Dritter verstößt?
Gerade im Design- und Textkontext ist die rechtliche Lage alles andere als eindeutig. Auch wenn der EU AI Act bereits den Rahmen für den verantwortungsvollen Einsatz von KI-Technologien absteckt, bleibt die konkrete Anwendung – vor allem im Urheberrecht – oft eine Grauzone. In diesem Beitrag schauen wir uns an, worauf Unternehmen und Agenturen achten sollten, wenn sie mit KI-Inhalten arbeiten. Und warum gerade das, was auf den ersten Blick einfach und praktisch wirkt, schnell rechtlich heikel werden kann.
Der Mythos vom „KI-Urheber“
Im deutschen Urheberrecht ist die Sache eigentlich klar geregelt: Urheber ist immer ein Mensch. Eine Maschine – und damit auch eine KI – kann rechtlich gesehen kein „Werk“ im Sinne des Urheberrechts schaffen. Das hat zur Folge, dass KI-generierte Inhalte grundsätzlich keinem urheberrechtlichen Schutz unterliegen. Für viele klingt das zunächst wie eine gute Nachricht: Wenn niemand Rechte am Ergebnis hat, darf ich es doch einfach verwenden, oder?
Ganz so einfach ist es leider nicht. Denn auch wenn der Output nicht urheberrechtlich geschützt ist, kann das verwendete Material für das Training der KI sehr wohl geschützt sein. Viele Modelle greifen auf bestehende Inhalte zurück – auf Texte, Illustrationen, Fotografien oder Musik. Dass diese Trainingsdaten oft nicht öffentlich zugänglich oder lizenziert sind, wird dabei gerne verdrängt. So entsteht eine rechtliche Grauzone, in der das Ergebnis zwar formal „frei“ ist, aber dennoch Elemente enthalten kann, die bestehende Rechte verletzen.
Design per KI – und der schmale Grat zwischen Inspiration und Imitation
Die Faszination für KI-generierte Designs ist nachvollziehbar. In wenigen Sekunden lassen sich Logos, Keyvisuals oder Icons erzeugen, die auf den ersten Blick professionell wirken. Besonders Tools wie Midjourney oder Firefly liefern visuell beeindruckende Ergebnisse – aber sie werfen auch heikle Fragen auf. Denn viele dieser Systeme orientieren sich an real existierenden Stilen, Formsprachen und Künstlerhandschriften. So kann es passieren, dass ein KI-generiertes Bild ungewollt einem bestehenden Werk ähnelt oder gar als „Lookalike“ eines bekannten Markenlogos durchgeht.
In solchen Fällen stellt sich nicht nur die Frage nach der Originalität, sondern auch nach der rechtlichen Zulässigkeit. Markenrecht, Designschutz und sogar Wettbewerbsrecht können ins Spiel kommen – vor allem dann, wenn das Ergebnis kommerziell genutzt wird. Was wie ein kreatives Experiment beginnt, kann im Ernstfall zur Abmahnung oder gerichtlichen Auseinandersetzung führen. Besonders kritisch wird es, wenn Unternehmen die KI-Ausgabe direkt übernehmen, ohne Prüfung, Nachbearbeitung oder rechtliche Einordnung.
Wenn der Text zum Plagiat wird – ohne dass man es merkt
Auch im textlichen Bereich sind die rechtlichen Herausforderungen nicht zu unterschätzen. Sprachmodelle wie ChatGPT oder Gemini erzeugen Texte, die flüssig, stilsicher und überzeugend klingen. Doch wie entsteht dieser Text? Die Antwort ist komplex: Die Modelle arbeiten nicht mit klassischem Copy-Paste, sondern mit statistischer Wahrscheinlichkeitsrechnung. Dennoch kann es passieren, dass Formulierungen aus öffentlich zugänglichen Quellen – etwa Wikipedia, Nachrichtenportalen oder Fachartikeln – fast wörtlich übernommen werden.
Wer KI-Texte ungeprüft veröffentlicht, riskiert daher, unbeabsichtigt gegen das Urheberrecht zu verstoßen. Besonders tückisch: Plagiatsprüfungen funktionieren bei KI-generierten Inhalten oft nur eingeschränkt, da keine konkreten Quellen ausgewiesen werden. Das erschwert die Einschätzung, ob ein Text tatsächlich originell ist oder in Wahrheit eine paraphrasierte Version fremder Inhalte.
Hinzu kommt ein weiterer Punkt: KI-Texte sind nicht geschützt. Wer also denkt, er könne einen solchen Text exklusiv für sich beanspruchen, irrt. Im Zweifel kann ein Mitbewerber denselben Text generieren – oder zumindest einen sehr ähnlichen. Der vermeintliche Vorteil der Automatisierung wird so schnell zum Wettbewerbsnachteil.
Datenschutz in der Grauzone
Ein weiterer Aspekt, der oft übersehen wird, betrifft den Datenschutz. Viele KI-Modelle arbeiten cloudbasiert und über externe Server – häufig außerhalb der EU. Was in das System eingegeben wird, kann gespeichert und ausgewertet werden. Wer also personenbezogene Daten, Kundennamen, interne Informationen oder sensible Inhalte in Prompts einfügt, verstößt möglicherweise gegen die DSGVO. Selbst wenn keine vollständigen Namen genannt werden, können Kontextinformationen ausreichen, um Rückschlüsse auf reale Personen zu ziehen.
Für Unternehmen und Agenturen bedeutet das: Die Verwendung von KI muss auch aus datenschutzrechtlicher Sicht sauber geregelt sein. Am sichersten ist der Einsatz eigener KI-Modelle, die lokal oder über gesicherte Schnittstellen betrieben werden. Andernfalls ist es ratsam, strikte interne Richtlinien zu formulieren, was erlaubt ist – und was nicht.
Haftung: Wer trägt die Verantwortung?
Eine der zentralen, oft verdrängten Fragen lautet: Wer haftet, wenn es zu einem Rechtsverstoß kommt? Die Antwort ist unangenehm: Im Zweifel haftet derjenige, der das Ergebnis verwendet – also das Unternehmen, die Agentur oder der Freelancer, der den KI-Inhalt geliefert hat. Auch wenn der Fehler aufseiten der KI liegt, schützt das niemanden vor rechtlichen Konsequenzen.
Das bedeutet konkret: Wenn ein Unternehmen ein KI-generiertes Logo in den Druck gibt, das bestehende Markenrechte verletzt, ist es haftbar. Wenn ein KI-Text gegen das Urheberrecht verstößt, muss der Verfasser – oder der, der ihn veröffentlicht – die Verantwortung übernehmen. Gerade im Agenturumfeld kann das zu unangenehmen Konflikten mit Auftraggebern führen. Deshalb ist es umso wichtiger, offen und transparent mit der Nutzung von KI umzugehen.
Verantwortung übernehmen – auch ohne klare Gesetze
Viele der aktuellen Fragen sind rechtlich noch nicht abschließend geklärt. Weder das deutsche Urheberrecht noch der EU AI Act geben bisher verbindliche Antworten auf die Nutzung, Lizenzierung oder Haftung bei KI-generierten Inhalten. Das heißt aber nicht, dass man die Verantwortung abgeben kann. Im Gegenteil: Wer KI heute professionell einsetzt, muss sich seiner Verantwortung besonders bewusst sein.
Ein fairer und sicherer Umgang mit KI bedeutet, den Einsatz zu dokumentieren, kritisch zu prüfen und nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung menschlicher Kreativität zu verstehen. Wer Inhalte durch KI generieren lässt, sollte sie nicht ungefiltert übernehmen, sondern redaktionell und gestalterisch nachbearbeiten, anpassen und im besten Fall mit einem klaren Vermerk versehen.
Ein Fazit ohne Euphorie – aber mit Weitblick
Künstliche Intelligenz ist ein großartiges Werkzeug – aber kein Freibrief für sorglosen Content. Gerade im Design und in der Textproduktion eröffnet sie neue kreative Möglichkeiten. Aber mit diesen Möglichkeiten wächst auch die Verantwortung. Unternehmen und Agenturen, die heute klare Leitlinien für den KI-Einsatz entwickeln, schützen sich nicht nur rechtlich, sondern zeigen auch Haltung. Und genau das wird in Zukunft mehr zählen als Geschwindigkeit.